Eine wärmende Reise

Max F., 17 Jahre


Es sind 36°, beinahe windstill und trotzdem bekommt man Gänsehaut. Das Eisige stammt aus dem Strom an Gedanken, der einfach nicht abbrechen will. Gedanken aus dem grauen Betonbau von Yad Vashem.

Brutal reißt das Gebäude eine Kluft in den Berg und erinnert damit an die Shoah, die unzählige Lebensläufe zerriss.

Draußen lässt es sich aushalten. Wärmende Hoffnung kommt unter den Bäumen auf. Jeder von ihnen gepflanzt als Erinnerung an einen „Gerechten“, einen Retter.

Hoffnung ist nicht nur hier zu finden. Man begegnet ihr in ganz Israel. Auf den Straßen, in den Gassen und vor allem in den Herzen der Menschen. Ein Stück davon nimmt jeder Besucher auf seiner Reise mit.

 

Als am 21. Juni der Theaterkurs des Helmut-Schmidt-Gymnasiums in das Flugzeug Richtung Tel Aviv stieg, wusste niemand von uns so recht, was in der kommenden Woche geschehen würde. Im Gepäck waren, aufsteigend nach Gewicht sortiert: Leichte Kleidung, Sonnenschutz, Requisiten und Vorurteile. Wie sollte es anders sein, bei einem Land, das so eng mit der deutschen, aber auch der arabischen Geschichte verknüpft ist.

Passend nur, dass sich unser Stück um die Identitätsfrage dreht. „Kein deutscher Land“ hinterfragt Radikalisierungsprozesse und sucht nach dem „Ich“, dem Deutschen und dem Fremden. Kein Wunder, dass die Vorführungen auch in Israel Anklang finden. Die Vorstellungen in den Goethe-Instituten von Tel-Aviv und Jerusalem führten zu anregenden Debatten über Kulturvorstellungen und das Zusammenleben. Das Land selbst macht es vor: Kultur ist nicht fest, nicht greifbar. Leben aber kann man sie.

 

Und wie! Intensive Sicherheitskontrollen am Flughafen tragen zwar nicht unbedingt dazu bei, eine angenehme Fahrt via Schnellstraße nach Jerusalem schon eher.

Und die Stadt selbst erst. Leuchtend noch im Blau-Weiß des jüngst vergangenen Jahrestags und voller Energie. Erreicht man sie bei Nacht, zeugen nur Schilder von ihrer jahrtausendalten Existenz. Die Jugend sucht Zerstreuung und Freude; findet sie an jeder Ecke. Erschöpfung ist nicht. Und doch wird in Vorfreude auf die Altstadt geschlafen.

Für unser jugendliches Fassungsvermögen ist der historische Kern schlicht überwältigend. Ecken, Winkel, Nischen, Gassen. Alles verwoben. Das Ganze kommt aber nie bedrohlich eng daher. Vielmehr verbindet es.

Die Übergänge zwischen jüdischen, muslimischen und christlichen Vierteln sind fließend. Man wandelt zwischen den Heiligtümern und spürt ihre zusammenbringende Kraft.

Die Menschen sind es, die diese Orte erst heilig sprechen und die Menschen sind es, die ihnen Leben einhauchen. Wäscheleinen in unmittelbarer Nähe zum Tempelberg stören das Bild nicht. Im Gegenteil findet die Religion hier ihren unmittelbaren Platz im Alltag.

Jerusalem kann aber auch anders. Melancholisch ruhig, wie in Yad Vashem. Leid, Terror, Schreckensherrschaft. All das wird vor Augen geführt. Nicht nur durch Textbausteine in verstaubten Wälzern, sondern durch Lichtinstallationen, Relikte und Filmausschnitten. Die eigenen Sinne werden durch das Monster der Shoah geleitet und die Wucht, das Unmenschliche erreicht den Körper.

Das Licht erlischt zum Glück nie. Die Gedenkstätte knüpft an die Überlebenden an. Sie erzählt auch, wie hinter den Nummern in den Konzentrationslagern Menschen stehen, die kämpften und leben.

 

In Tel-Aviv trafen wir zwei Zeitzeugen, die bereit waren, ihre Erfahrungen mit uns zu teilen. In einem modernen Glaspalast, sahen sie der Gefahr ins Auge, historische Wunden wieder aufzureißen. Nur, damit sie ihre Geschichte mit uns teilen können.

Ihre Worte waren frei von Schuld, dafür voller Lebenswillen und Gefühl. Wir lauschten, wir fühlten mit. Plötzlich betraf ihre Geschichte auch uns. Denn sie hatte ein Gesicht, Arme, Beine und eine Stimme.

Auch wenn diese Stimme gebrechlich war, lag in ihr eine ungeheure Stärke. Klar und deutlich berichtete sie von Verzweiflung und verzweifelte dabei nicht.

In den Details schimmerte zwischen dem Tod auch immer das Leben mit: Das Brot wird gerecht verteilt, Familienbande in Gefangenschaft geknüpft und mit Hoffnung im Herzen das Neue begonnen.

 

Diese Hoffnung ist der Motor; die Selbstbehauptung gegenüber dem Schicksal. Man ist Mensch, weil man selbst bestimmt, wer man ist. Nicht Vorurteile, nicht Andere.

In Deutschland verhärten sich die Wortfronten, im Mittleren Osten die militärischen. Wir reisen in Zeiten der eingeeisten Konflikte.

Und zum Glück machen wir es. Wenn uns nicht unsere Begegnungen in Israel auftauen, dann wenigstens die Sonne.



Ein kleiner Ausschnitt zu einer Performance in Jerusalem im öffentlichen Raum


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Environmental Performance in Jerusalem🤭😉👌🏽 German Theatreproject is going to perform in Jerusalem & Tel Aviv! - 🎭Don’t miss it! 👀 . . ‎תלמידי מגמת התיאטרון של בית ספר תיכון הלמוט שמידט מהמבורג מזמינים לדיון . @ the Goethe-Institut-Israel . 👇🏽 24.06. Jerusalem 7 PM Sokolov Street 15 Jerusalem 9214423 . . 👇🏽 25.06. Tel Aviv - 7 PM Asia House Weizmann Street 4 Tel Aviv 6423904 . . So whats about?🤔 The story of three boys, who radicalize themselves through different experiences. Patrik gets into the Nazi scene, becomes a right-wing extremist and wants to burn down a refugee home. Salim finds support and recognition in the Salafists scene, becomes a so called Islamist and wants to commit a bomb attack. Emil retreats completely into his world of war games and decides to run amok at his school. . 🎭german with english subtitles🎭 . ✌🏽!Link in Bio! ✌🏽 . . #keindeutscherland #theatre in #israel at the #goetheinstitutisrael its about #identity .. what’s #German ? #radical #youth #islam #muslim #nazi #terror #hate & #love #art #theater #telaviv #tlv #telavivoftheday #jerusalem #jerusalemoftheday going to be at #yadvashem staying at #abrahamshotels #peace #freedom #hildegardhammbrücher #demokratischhandeln #dieoffenegesellschaft #hamburg #wilhelmsburg 😉 u all are invited!

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